Niklaus von Flüe (+ 1487) - Meditationstuch

Nach dem Holzschnitt aus dem Pilgertraktat 1488,
bearbeitet und mit Faber-Castell-Farbstiften ausgemalt von Bernhard Frei (Format A3)


Zwei wichtige Hinweise: 

1. Der Holzschnitt des Meditationsbildes im Pilgertraktat von 1488 gilt als älteste Darstellung des "Buches" von Niklaus von Flüe. Dieser Bauer und  Familienvater, Friedenstifter und Einsiedler war Analphabet, war deshalb aber doch gebildet und lebenserfahren, so dass er in der Gründungszeit der modernen Schweiz ein wichtiger Ratgebet, Friedesrichter und Ratgeber wurde. 

2. Das berühmte Meditationstuch von Sachseln wurde nicht für Nikolaus von der Flüe gemalt, er erhielt es in seiner Einsiedelei im Ranft geschenkt. Gemalt worden ist das Bild vielleicht als Hungertuch (verdeckte in der Fastenzeit den Blick auf das Hochaltarsbild). Vielleicht auch sollte es als Feldaltar-Tafel für den letzten Burgunder Herzog Karl den Kühnen dienen (+ 1477 Nancy; eine Röntgenaufnahme des Kopfes in der Mitte zeigt sein Gesicht). Beim Ausmalen des Holzschnittes habe ich mich an das Tuch-Original unten im Bild halten können.


Original Betrauchtungsbild

in Sachseln

 

Dieses etwas ältere Original-Meditationstuch ist feiner ausgemalt. Auffallend die andere Anordnung der vier Evangelisten sowie die starke Betonung der Werkzeuge für die körperlichen Werke der Barmherzigkeit. Dies bedeutet auffallend, dass die Meditation der Mysterien Christi zur tätigen Liebe an Leidenden und Verfolgten führt.

 

 


      Dieses Originalbild in Sicherheitsverwahrung, Duplikate in der Pfarrkirche Sachseln
      sowie in den Kapelle am Ranft. Entstehung etwa um 1460 in der Nähe von Basel.

 

 

 

 


Was mich beim Malen beeindruckt hat

Nicht zu übersehen ist das „Rad mit den Speichen“ um den Nimbus des Vollkommenen in der Mitte. Das Gesicht im Röntgenlicht zeigt Herzog Karl den Kühnen von Burgund (nicht Gott Vater oder Sohn). 

Dreimal "Wirken von außen nach innen" (Auge, Ohr, Mund) und dreimal die Antwort von innen nach außen.

Beeindruckend die Auswahl und gegenseitige Zuordnung der Medaillons, die Klarheit des Wesentlichen.

Die Symbolik der aus dem Meditationstuch gewählten Farben, vor allem Gold und Rot, Blau und Schwarz (Tag und Nacht).

Die aus der Devotio moderna stammenden Hinweise auf tätige Nächstenliebe als Ergänzung und Frucht der Meditation: Nackte bekleiden (Kreuzigung, weiter im Uhrzeigersinn), Tote begraben, Kranke heilen, Hungernde speisen, Pilger aufnehmen (Wein, Brot), Gefangene besuchen (Kette). Unfassbar – dies Wirken betrachtet Bruder Klaus in seiner Klause am Ranft!

Das Leben aus den Evangelien, die Kraft und Einfachheit der aufgenommenen Botschaft und die im Alltag gegebene Antwort ist ökumenisch mitreißend.

Etwas Humor und Witz in den vier Apostelsymbolen: Matthäus als Engel wegen seiner Kirchlichkeit (!), Johannes als zerrupfter Adler (Habsburger), Lukas (als Ochse nicht mehr zu erkennen – Stier von Uri), Markus als der aalglatte Löwe mit schlangenschleichender
Lügenzunge (Burgund).

 

Das Meditationstuch des Bruders Klaus
 

Das älteste Bildnis des Meditationstuches des Heiligen erschien ein Jahr nach seinem Tod in einem Büchlein „Pilgertraktat“ (1488). Daraus diente mir der Holzschnitt mit zeichnungshaften Umrissen als Hilfe für die freie Kolorierung.

Das Original dafür aber ist ein Bild in leichter Tempera auf einem Tuch, 77 mal 86 cm groß, etwa um 1470 in der Gegend von Basel entstanden. In diesem Bild sind die sechs Medaillons sowie die vier Evangelistensymbole freistehend nebeneinander, so dass unser Bild
eher wie eine zusammengedrückte Version wirkt.

Das Bildnis dürfte um 1465/75 für den Herzog Karl den Kühnen von Burgund gemalt worden sein, als Tugend-Spiegel zur Betrachtung oder für einen Feldaltar (er verlor damals in drei Schlachten das glänzende Herzogtum und sein Leben). 

Jedenfalls kam es später als Geschenk zu Bruder Klaus, der als schreibunkundiger Bauer das zusammenrollbare Bild als „sein Buch“ über alles schätzte. Auch das Rad mit den 3 und 3 Speichen stammt nicht vom Heiligen, gibt aber seine mystischen Visionen gut wider. 


Wie konnte Niklaus von Flüe mit 50 Jahren
seine Frau und 10 Kinder verlassen?

Mit 50 Jahren war Niklaus damals schon über seine Zeit gekommen und konnte seinem Ältesten mit 22 Jahren sowie der Zuhilfe der jüngeren Geschwister getrost die beträchtliche Viehwirtschaft überlassen. Und mitgetragen hat besonders seine seelenstarke und mutige Frau.

Der 20jährige Niklaus hatte die kaum 15jährige Dorothee Wyss aus Obwalden in Liebe geheiratet. Die Frau stand ihrem Mann ebenbürtig zur Seite, daheim und in der Öffentlichkeit. Allerdings bemerkte sie immer stärker die Veränderungen ihres Ehegatten hin zur Meditation und Askese. Nach zwei Jahren schmerzhafter Lösungssuche entließ sie ihn überzeugt und mittragend in die Klause in der Ranft, 10 Minuten taleinwärts in Sichtweite vom Bauernhof in Flüe aus, und nähte ihm sogar selber das raue Einsiedlergewand.

Ohne die Annahme göttlicher Einwirkung bleiben diese Ereignisse wohl unverständlich und waren mit die Ursache der erst Jahrhunderte später erfolgten Heiligsprechung. Die fromme, tiefgläubige und kluge Bäuerin hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des Heiligen – zu Unrecht wurde sie missachtet und sogar ihr Name verschwiegen, erstmals genannt erst 1501 und 1529!

 

Leben und Wirken des Heiligen

1417 Niklaus von Flüe geboren in Flüeli (Obwalden).
Vier Jahre Soldat und Offizier im Alten Zürichkrieg.
Bauernwirtschaft, Ratsherr, Richter, Ratgeber.
Trauung mit Dorothee Wyss, 10 tüchtige Kinder.

1467 verließ Niklaus mit Einverständnis seiner Frau
die Familie und ließ sich als Einsiedler bei einem Kirchlein am Ranft nieder. Strenges Gebetsleben, Visionen, 21 Jahre lebt er nur von der Kommunion und Wasser. Ein Priester las in der Kapelle regelmäßig die heilige Messe. Er war g1esucht als Friedensstifter bei öffentlichem Streit.

1487 Niklaus stirbt in der nahen Einsiedelei im Ranft.
In der Schweiz seit jeher als Landespatron gefeiert,
verzögerte sich seine Heiligsprechung doch bis 1947.

 

 

Mein Herr und mein Gott, 

nimm alles von mir,

was mich hindert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,

gib alles mir,

was mich führet zu dir.

Mein Herr und mein Gott,

nimm mich mir

und gib mich ganz zu eigen dir.

(Lebensgebet von Bruder Klaus)