Vgl. Gislebertus in Autun: Traum der drei Könige
 

Epiphanie - Fest der Drei Könige


Die ältesten Darstellungen des Weihnachtsgeschehens entstanden nach der Entstehung der Feste Geburt Christi und Epiphanie, die anfangs des 4. Jahrhunderts am seit 275 offiziell erklärten römischen Sonnengott Sol Invictus in der Christenheit entstanden. Auf den Ikonen hat sich wenig geändert, aber auch sonst blieb im Westen bis wenigstens in das 12. Jahrhundert hinein vieles gleich (Romanik, Buchmalerein usw.). Hier ein besonders gelungenes Werk der langobardischen Kunst, die sehr stark in die neue Zeit Karls des Großen hineingewirkt hat.

 

Ratkis-Altar Epiphanie
Ratkis-Altar (langobardisch, um 740, Cividale Friaul)


Maria auf einem Rohrstuhl mit Sitzkissen, Füße auf Podest (himmlisch!). Der Stuhl wölbt sich schon zu einem Thron über dem Kopf. Sie ist die ordnende Hauptfigur.

Dynamik - Maria lädt mit einer Hand zum Kommen ein, das Kind greift nach einer Gabe (Gold, weil es glänzt!).

Maria mit vor ihr schwebendem Jungfrauenstern auf der Stirn (gewöhnlich auch auf beiden Schultern); Bedeutung "Jungfrau vor/in/nach der Geburt Jesu".

Dreimal der Stern: er führt die Könige, er steht über dem Stall, er erscheint dem Hirten.

Der Engel barfuß vom Himmel, er fliegt noch, er zeigt das Kind mit der Mutter an, erinnert an den Engel der Verkündigung.

Heiligenscheine bei Maria und dem Sohn sowie bei den Engel sind angedeutet, bei Jesus schon mit Kreuz.

Bekleidung der Sterndeuter orientalisch (syrisch/persisch): Leibrock gegürtet, Überwurf mit Agraffe festgehalten, phrygische Mütze (auf Ikonen bis heute!).

Bewegung insgesamt verhalten: die Magier  gehen noch in einer Reihenfolge, tragen Geschenke auf Schalen (später verhüllte Hände), der vorderste verbeugt sich; noch keine verschiedenen Bärte, keine Lebensalter oder Erdteile erkennbar. Drei Magier wegen der drei Geschenke, ohne Diener oder Gefolge.

Streng und hieratisch der Hirte, mit himmlisch engelhaftem Kleid, die Hände auf der Brust und am Gürtel etwas haltend (Kultfigur?).

Rein biblische Darstellung, ohne Andeutungen an byzantinisches Hofzeremoniell (der Thron Mariens ist hier noch recht einfach). Fast "ägyptisch" seitlich ist sie dargestellt mit frontalem Gesicht, noch keine Kniebeuge der Magier, keine Königskleidung oder Insignien. Gleichgewicht und Ausgewogenheit aller Gestalten.

Begegnung, Epiphanie Jesu als Herr der Welt, nicht Baby sondern Königssohn. in der Linken bereits Schriftrolle als Ewiges Wort (oder ist es nur der Griff nach einem Kleiderzipfel?).

Am Boden sternhafte Blütenrosetten (noch in der Romanik zuweilen als Räder gedeutet), links oben und rechts unten paradiesische Palmgewächse. Die Welt blüht wieder auf wie im Paradies!
 

 

Alle Könige werden ihm dienen

 

Rogier van der Weyden Dreikönigsaltar
Rogier van der Weyden, Königsaltar von St. Columba Köln (um 1455, Ausschnitt)


Die Künstler des Mittelalters und der Neuzeit waren immer froh, wenn sie ein Bild "Die Anbetung der Weisen aus dem Morgenland" malen durften. Denn da war immer viel Phantasie, Farbenpracht und Bewegung gefragt. Sowohl der große niederländische Maler Rogier van der Weyden als auch der Herrscherhof der Herzöge von Burgund im 15. Jahrhundert (vor dem jähen Ende 1477) konnte sich in diesem herrlichen Bild ausdrücken. Die Gesichter der drei Könige sind als Portrait der großen Herzöge Johann Ohnefurcht, Philipp des Guten und Karl des Kühnen gemalt! Die prächtigen Kleider waren große Mode des kulturellen Zentrums Burgund für ganz Europa. Der Maler hat das Geschehen der Bibel ganz in die Zeit und in die politischen Gegebenheiten des Herzogspalastes in Dijon und von ganz Burgund hereingeholt. Besonders der junge König rechts fällt auf durch seine Selbstinszenierung und seinen Stolz - er wird gut 20 Jahre später sein Leben und sein Reich verlieren, tragisch und im selbst verschuldeten Kampf.

Die akribistische Genauigkeit, mit der Gegenstände und Menschen, Natur und Architektur erfasst und wirklichkeitsgetreu dargestellt werden, war in der Malerei des 15. Jahrhunderts ein entscheiden­der Fortschritt und ermöglichte den Betrachtern die Erfahrung, Bild und Wirklichkeit miteinander zu verbinden und die darge­stellte Geschichte als „wirklich“ zu erleben und nachzuvollziehen. Während sich in Italien bereits der Humanismus, die Renaissance bemerkbar machte, glaubte man nördlich und westlich der Alpen noch an die großen Zusammenhänge hinter der sichtbaren Welt. Diese wollte man darstellen und zu unbedingtem Glauben sowie zur Anbetung des allmächtigen, ewigen, allbarmherzigen Gottes aufrufen.

Maria ordnet durch ihre Ruhe, Sicherheit sowie malerisch durch das tiefe Blau ihres Mantelkleides die ganze Szene der hereinflutenden Anbeter - Frauen sind nicht dabei. Von den behutsamen zärtlichen Händen des Königs ganz vorne bis zum stolzen Barett des sich selbst aufspielenden jungen Königs rechts pulsiert Leben, Farbe und Bewegung. Wenn wir uns vom Bild führen lassen, werden wir stufenweise wie die drei Magier niederfallen und das Kind berühren, das nackt auf dem weißen Linnen seiner Mutter uns dargeboten wird. Das Kind könnte tatschlich an jene Stunde mahnen, da es als Gekreuzigter nackt in den Schoß seiner Mutter Maria gelegt wird - der Maler hat am Hintergrund des Stalles sogar ein kleines Kruzifix gemalt (hier nicht sichtbar), eine etwas sonderbare und doch verständliche Eigenmächtigkeit gegen die geschichtliche Treue. Ähnlich der zerfallende Stall, eigentlich eine zerfallende Kapelle oder Kirche, in mitten einer neu erstrahlenden Welt mit Palästen und pulsierendem Leben - aus den Ruinen der Vergangenheit entsteht neues Leben. Burgund ging allerdings zugrunde, doch in Europa regte sich damals ein neues Zeitalter, ein sehr menschliches noch dazu.

 

Eine umfassendee Betrachtung zu diesem Bild siehe
bei meinem Kapuziner-Mitbruder Pius Kirchgessner:

https://www.pius-kirchgessner.de/ 

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