Mandylion  -  Nicht von Menschenhand gemalt

 

Mandylion Russland
Mandylion, Jaroslawl
(anfangs 13. Jahrhundert)

 

Hoheitsvoll schaut uns der Erlöser an, frontal mit ruhigem, festem Blick. Haare und Bart sind sorgsam gepflegt, Das Haupthaar umhüllt immer ein regelmäßig gezeichnetes und gemaltes Gesicht und es läuft immer in zwei geteilten Strähnen links und rechts weit unter dem Gesicht aus. Nase, Mund, Kinn und oben an der Stirn eine Haarlocke (später eine Hautfalte "weil er gelitten hat") bilden die senkrechte Mitte des Bildes. Der goldschimmernde Heiligenschein umrahmt das Haupt und stellt es immer in die Mitte der Vertiefung der Ikone - mag auch das Gesicht zuweilen um einen Hauch seitwärts geneigt sein.


Groß und ernst blicken die Augen, ohne Brauen und Wimpern gemalt, ohne Lichtpunkt im Auge, denn das Licht strömt ja aus der Ikone aus. Deshalb ist auch aus den Schatten keine Beleuchtung von außen zu erkennen, und jede Ikone wird ja auch vom Dunkeln hin zum Licht gemalt. Zum Schluss werden immer die "belebenden Strichlein" gemalt sowie in roter Farbe das Kreuz im Heiligenschein mit den dazugehörenden Schriften gemalt. Beim Gebet entzündet man vor der Ikone ein Lämpchen und steht in einem Abstand, dass beide Augen das Ganze Bild erfassen. So erfüllt es mich mit tiefer Ruhe und versunkener Stille, gesammelt und in Gottes Willen ergeben.


Ikonographisch entwickelte sich das Mandylion als Sonderform der Hauptikone "Christus Pantokrator" (Allherrscher). Dieses Bild wurde für die Familien oft in verkleinerter Form gemalt, als Halbrelief oder Brustbild. Der Ursprungslegende "Nicht von Menschenhand gemalt" wurde es als "Schweißtuch" im Grab des auferstandenen Christus gemalt, wie es vor allem In Edessa und später in Byzanz hoch verehrt wurde. Oft halten zwei Engel das oben geknotete Schweißtuch, das frei herunterfällt und besonders am unteren Rand schön verziert ist. Später hängt das Tuch in schönen Falten durch und ist ornamental verziert. In seiner meist kleinen Form war und ist es ein berühmtes Andachtsbild für Gebet und Meditation.

  

Ursprungslegende aus dem frühen 4. Jahrhundert

Abgar, der kranke König von Edessa, habe durch ein Tuch, auf das Christus Sein Antlitz geprägt hatte und das die Gesandten dem König überbrachten, Heilung erfahren und daraufhin das erste Bildnis des Erlösers abmalen lassen. Jenes „nicht von Menschenhand gemachte Bild“ oder Mandylion galt seither als Zeugnis der wirklichen Inkarnation und der „nicht durch Menschenwort verkündeten“ Wahrheit in der Überlieferung der Kirche.

Bischof Eusebius schrieb um 312 in seinem Werk "Geschichte der Kirche", dass der Apostel Thomas seinen Jünger Thaddäus zu König Abgar gesandt habe, um ihn zu heilen. Er, Eusebius, habe die beiden entsprechenden Briefe im Stadtarchiv von Edessa entdeckt und aus dem Syrischen übersetzt. Diese Briefe (von Abgar an Jesus und die Antwort Jesu an Abgar) sind bei Eusebius im Wortlaut erhalten.

 

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Christus mit nassem Bart (tatsächlich so!)

Christus mit dem nassen Bart

 

Christus mit nassem Bart Ikone Russland
Christus mit dem nassen Bart -
Nowgorod (15. Jh.)

 

Der Christus mit dem nassen Bart war eine beliebte Sonderart des Mandylions, ohne Schweißtuch und mit glatt gekämmtem Haar. Dies gerade in Russland, wo nicht einmal Zar Peter der Große um 1700 die Bauern dazu bringen konnte, sich freiwillig die Bärte und Haare nach westlier Manier schneiden zu lassen

 

Auch bei uns im Abendland wurde das Bild des Mandylion in manch abgewandelten Formen verbreitet. Oft sind es alte Drucke, meist in morschen oder ölbemalten Rahmen. Wenn man in einer Kapelle oder in einem Haus auf ein solches Bild stößt, verbreiten es immer einen Hauch von Andacht und wundervoller Atmosphäre.

 

 

Umgekehrte Perspektive, Grundmaße eines Gesichtes

 

Ikonen - umgekehrte PerspektiveJede Ikone nimmt den Betrachter unmittelbar in Beschlag. Dies hängt einmal von der "umgekehrten Perspektive" ab, deren Fluchtpunkt im Auge des Betrachters liegt. Das untere Bild links zeigt die umgekehrte Perspektive, die auf allen vor allem an Gebäuden, Möbeln und Bergen gut feststellbar ist. Dies ist für den Betrachter aus den europäischen Ländern sehr ungewohnt, aber es bewirkt, dass sich ihm die Ikone meditativ in seinem eigenen Inneren erschließt.

Zum anderen geschieht dies durch die Malerei, die uns vom Dunkeln zu den hellen Partien des Bildes führt. Das meiste Licht strahlt eine Ikone von den Körperpartien aus, besonders aus dem Inneren des Gesichtes. Schließlich hilft dazu auch die Zeichnung, die alles Nebensächliche und Zufällige ausschließt. Und vor allem die älteren Ikonen reinen Stils sind immer flächig gemalt, also nicht körperlich die Rundungen usw. betonend. Das ergibt eine abstrakte, sozusagen jenseitige Atmosphäre des Bildes.

 

Malvorlage Ikonen

 

Der Kopf inmitten der Tafel, oft in eine Vertiefung von wenigen mm versenkt, tritt uns mittig platziert als Gesicht mit einem Heiligenschein entgegen. 

Der Zirkelpunkt liegt zwischen den Augenbrauen, das Modul bzw. die starre Maßeinheit ist die Nasenlänge. 

Konzentrisch führt uns die Zeichnung zur Mitte des Gesichtes, in das Innere der Person - und sie tritt uns entgegen. Ruhig und zeitlos aus dem Goldgrund, fest und unverwandt durch ihren Blick ohne Lichtpunkte, so dass uns der Blick überallhin folgt.


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