Wunder - die vier Jahreszeiten


Die Jahreszeiten sind Symbole des Lebens. "Im Herbst des Lebens" klingt wie am Lebensabend, wie die Tageszeiten. Durch Blühen, Reifen, Pflücken und Winterruhe werden die Jahresringe unseres Lebens bezeichnet. Den Jahreszeiten sind (unter anderem!) Pflanzen und Blumen zugeordnet, wie Sternzeichen und Gedichte. In der Meditation beschränke ich mich auf einen einzigen Betrachtungskern.

 

Wunder im Frühling - Glyzinien - BlauregenFrühlingslied

Leise zieht durch mein Gemüt
liebliches Geläute, 
klinge,  kleines Frühlingslied,
kling hinaus ins Weite.

Zieh´ hinaus bis an das Haus,
wo die Veilchen sprießen;   
wenn du eine Rose schaust,
sag, ich lass sie grüßen.

Heinrich Heine

 

 

 

Strahlend im Sommer - Sonnenblumen - girasole                   

      Mondnacht im Sommer


Es war,  als hätt der Himmel
die Erde still geküsst,  
dass sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müsst.


Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogten sacht,  
es rauschten leis'  die Wälder,
so sternklar war die Nacht.


Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,    
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.

                    Joseph von Eichendorff

 

 

 

 

 

Reif im Herbst
Bild: Herbsttag in Südtirol
 

Herr, es ist Zeit. 
Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren lass die Winde  los.

Befiehl  den letzten Früchten voll zu sein;
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
Dränge sie zur Vollendung hin und jage
Die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist,  wird es lange bleiben,
Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
Und wird in den Alleen hin und her
Unruhig wandern,  wenn die Blätter treiben 

Rainer Maria Rilke

  

 

 

 

 

 

Winter - Vereinsamt

Die Krähen schrein Gipfelkreuz im Winter und Eis
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein, - 
Wohl dem, der jetzt noch Heimat hat!

Nun stehst du starr, 
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon! 
Was bist du Narr 
Vor Winters in die Welt entflohn?

Die Welt - ein Tor 
Zu tausend Wüsten stumm und kalt! 
Wer das verlor, 
Was du verlorst, macht nirgends Halt.

Nun stehst du bleich, 
Zur Winter-Wanderschaft verflucht, 
Dem Rauche gleich, 
Der stets nach kältern Himmeln sucht.

 

(Fortsetzung)
Flieg, Vogel, schnarr 
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton! - 
Versteck, du Narr, 
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrein 
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: 
Bald wird es schein, - 
Weh dem, der keine Heimat hat!

Friedrich Nietzsche

next Atem, wenn ich bete >