Dreimal "Totentanz" in Südtirol
Hier stellen wir drei "Totentänze" von Südtiroler Künstlern vor, die dem 20. Jahrhundert entstammen:
Albin Egger-Lienz (Wien 1908),
Rudolf Stolz (Sexten 1924),
Luis Stefan Stecher (Plaus 2001).
„Die modernen Darstellungen des Totentanzes behalten zwar ihre moralische Bedeutung in Bezug auf die Vergänglichkeit der Welt und dass wir alle sterblich sind. Die Komponenten des Schreckens fallen jedoch weg, die für das Bild des Schicksals charakteristisch waren, das noch im Mittelalter verankert war. Der Tod verschleppt die verängstigten Lebenden nun nicht mehr mit wildem Hohngelächter, sondern erscheint als stille Begleitung der Menschen in ihrem alltäglichen Leben. Die Künstler verleihen ihren menschlichen Figuren keine Gefühle der Angst und auch die Skelette verspotten die Mächtigen nicht, wie dies in den alten Werken üblich war.“
(Pädagogisches Institut Bozen)
Heute sind es die Massenmedien, die über den Tod berichten. Schreckliche Bilder von Terror, Krieg und Verwüstung. Manchmal auch Verschweigen von Katstrophen dort, wo es nicht um Geld oder Macht geht, z.B. in Afrika. Für ein Kind kann das Platzen seines Luftballons oder das Eingehen eines Haustieres die erste Erfahrung von etwas sein, was da ist und nicht „begriffen“ werden kann. Eine Tückische Krankheit, Unfalltod auf der Straße, Arbeitsunfall, Suizid, Erste Hilfe oder Palliativstation – Totentanz mitten im Leben. Wir sind bereit, staunend vor dem Geheimnis Tod zu stehen und besinnlich nachzudenken.
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Albin Egger-Lienz - Totentanz (Wien 1908)
Auftragsarbeit zum 100-Jahr-Jubiläum Andreas Hofer
Zur Betrachtung:
Oben links – Feuerrohre, Tod und Verderben Oben rechts – Blut am Himmel Unten Erde, Ackerland (Furchen rechts hinten) Schreiten, nicht marschieren oder laufen, willenlos Die Kleidung – braun wie die Erde Niedrig, arm sind sie vom Hut bis zu den Knoschpm Reste von Tracht und seelischem Adel Der Tod führt nicht, er geht mit, mit seiner Beute Die Körperhaltung von Arbeit zerschunden Bauern, zerschundene Hände Schwer ist der Schritt, der Rücken gebeugt Die Waffen urtümlich wie die Gestalten Die Gesichter – vorwärts, zurück, skeptisch, Mitläufer Krieg – Schicksal, Katastrophe, Dummheit, destruktiv Der Mittlere der Bauern beobachtet und urteilt: dies ist der Maler selber und auch der Betrachter! |
Zur Deutung:
„... nicht die Rauflust und die Siegeshoffnung der Tiroler hat der Künstler darstellen wollen, sondern, wie sie dem gewissen Tode unmittelbar gegenüberstehen. Und da hat noch keiner gejauchzt und sich keiner gefreut. Man erinnere sich nun der Totentänze in der Geschichte der Kunst. Hier bei Egger-Lienz erscheint der Tod nur als Dränger, nicht eigentlich als Überwältiger. Denn freiwillig haben sich die Männer, die so kräftig ausschreiten, dem Tode geweiht; es sind Vertreter jenes entschlossenen Volkes, das seine heiligsten Güter auf das äußerste verteidigte, sich opferte für Gott, Kaiser und Vaterland. Die Schrecken des Todes umnachten ihre Sinne, aber aufrecht hält sie das Bewusstsein der Pflicht.“
Karl Domanig
Luis Stechan Stecher
Friedhofsmauer in Plaus (2001)
„A Pfurrer lai isch inzr Zait – woll woltalong di Eewikait“
Der Vinschger Maler und Dichter Luis Stefan Stecher besticht immer durch den Realismus und durch die Aktualität seiner Werke. Meditationsbilder, er sagt etwas aus und wir sind gefragt. Hier das Motorrad, nicht als Fortbewegungsmittel, sondern Symbol der Freiheit, der Technik und des Sports. Der Tod tanzt mit beiden Fahrern, mit dem einen per STOP, mit dem andern per Anhalter. Wenn wir uns die Motorradfahrer wegdenken, starrt der Tod aus seinen hohlen Augen auch uns an (Totentanz 1. Szene):
„Tonzn tian miar olle gearn – lai nit mit sou durre Hearrn.“
„HOLT OUN A WAILELE, BLAIB SCHTIAN,
NOR WOASCH VILAICHT, WIA WAITRGIAN“.
"Darf ich bitten? Wir gehen nicht in die Diskothek … Folge einfach der Musik, egal ob du schön oder hässlich, gut oder böse, reich oder arm bist … früher oder später tanzt du mit mir … den Totentanz. Oder möchtest du dich lieber in einer wilden Hatz ohne Entrinnen verfolgen lassen? Nein, nicht wie in einem Videospiel, bei dem man den Rechner oder die Playstation ausschalten und weggehen kann, sondern in einem Wettkampf ohne Gewinnchancen für dich, denn beim Triumph des Todes … bin immer ich der Sieger! Willst Du mehr darüber erfahren?"
Aus einer Assoziation zu diesem Bild (Ungenannt)
"Die Lebensalter"
Bild in der
Friedhofskapelle
in Verdings
(Südtirol)
Wenn wir mit dem Tod
einst ringen,
wollst, Maria, uns beispringen,
dass wir selig scheiden hin,
Jungfrau, Muttter, Königin.
Kapuzinergebet
zum Glockenschlag